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Heuer-Chronographen, sowohl Taschen- als auch Armband-Modelle sind seit jeher bei den Sammlern beliebt. Leider wird nach wie vor viel zu großen Wert auf die Firmen-Signatur auf dem Zifferblatt bzw. Uhrwerk gelegt. So entgehen den Sammlern viele wertvolle Chronographen aus der Frühzeit bekannter Hersteller, die anfangs ja oft die  Chronographen-Module im Auftrag Fremdwerken aufsetzten oder nur ihre fertigen Chronographen-Werke weiter verkauften. Edouard Heuer ist m.E. der bedeutendste frühe Chronographen-Hersteller, der wie kein anderer den modernen Chronographen-Bau mit seinen vielfältigen Konstruktionen beeinflusst hatDeshalb sollen hier auch die ersten sechzig Jahre ein wenig detaillierter dargestellt werden.

 
Signatur von Edouard Heuer sowie das HEUER-Logo in dreierlei Ausführungen - Bild: Hans Weil

Edouard Heuer wurde im Jahre 1840 als  Sohn eines Schuhmachermeisters in dem Schweizer Dörfchen Brügg bei Biel geboren. Im Alter von 14 Jahren machte er sich auf den Weg nach  St.Imier, um dort das Uhrmacherhandwerk zu erlernen. Aufgrund seiner überdurchschnittlichen Leistungen wurde er bereits 1856 "Contrôleur" – als 16-Jähriger - in dem deutschstämmigen Uhren-Comptoir  Louis Kierner & Fils. So rasant ging das Leben des jungen Uhrmachers Heuer auch weiter: er heiratete 1859 die Tochter eines Notars - Suzanna Scherz.

 
Links: der Gründer Edouard Heuer - In der Mitte der Heuer´sche Familien-Stammbaum (© Copyright Hans Weil) - Rechts: Charles-Auguste Heuer
 

Schließlich eröffnete der nun Zwanzigjährige im Jahre  1860 in St.Imier sein eigenes Uhren-Comptoir. Anfangs schalte Heuer zunächst die von Heimarbeitern angekauften Uhrwerke in klassische  Silbergehäuse ein. Vier Jahre später zog die nun schon fünfköpfige Familie in Heuers Heimatdorf Brügg, wo er ein stattliches Gebäude anmietete  und seine Werkstatt  unter der Firma E.Heuer & Cie. eröffnete.

1866 experimentierte  Heuer an einem Kronenaufzug für  Taschenuhren – Zeit genug gab es dazu, denn der Österreichisch-Preußische Krieg führte allgemein zu einem wirtschaftlichen Niedergang – auch im Heuerschen Geschäft. Am 5.Juni 1869 erhielt Heuer auf seinen Kronenaufzug ein französisches Patent, dem ein italienisches am 3.März 1870 folgte. In dieser Zeit zog Heuer aufgrund steuerlicher Vorteile mit seiner inzwischen sechsköpfigen Familie  nach Biel – die schon bald die Uhren-Hauptstadt im Kanton Bern werden sollte. Nach dem einen Krieg kam der Französisch-Preußische Krieg, aber schließlich ging es Anfang der 1870er Jahre mit der europäischen Wirtschaft wieder aufwärts. Auf der Wiener Weltausstellung 1873 erzielte Heuer erste Verkaufserfolge und nach weiteren Verkaufs-Reisen eröffnete Heuer 1876 eine Filiale in London.

Der Beginn des Jahres 1877 brachte dagegen wieder nichts Gutes: Vertreter der Schweizer Uhren-Industrie hatten die Weltausstellung  Philadelphia 1876 besucht und wurden dort mit den Methoden und immens wirtschaftlichen Erfolgen der amerikanischen Uhren-Industrie konfrontiert. Einen ersten Report legte E.Favre-Peret vor, dem der wohl ausführlichste Bericht über die amerikanische Uhren-Industrie dieser Zeit von Jacques David folgte. Diesem Bericht zufolge, mussten sich die Schweizer Uhren-Industrieellen ernsthafte Sorgen um ihren Export nach Amerika machen.

In dieser kritischen Zeit fand Heuer 1878 mit Fritz Lambelet einen Geldgeber und neuen Geschäftspartner – die Firma lautete nun  Heuer, Lambelet & Cie. Biel und London. Lambelet war ein Spezialist für Edelsteine, die zu Lagersteinen verarbeitet wurden – genau in diese Branche wollte Heuer einsteigen: die Herstellung und der Handel mit den damals kostbaren Lagersteinen sollte ein zweites  Standbein des Unternehmens werden. Die Filiale in London wurde allerdings 1881 geschlossen.

Anfang der 1880er Jahre begann Heuer - den Forderungen sportbegeisterter Kunden im angloamerikanischen Raum folgend - mit der serienmäßigen Herstellung von Chronographen und Stoppuhren. Gleichzeitig begann die Herstellung und der profitable Handel mit Lagersteinen aus Rubin und Granat. 1885 erfolgte trotz allem die Trennung von seinem Geschäftspartner – Heuers Schwester hatte einen Heiratsantrag seitens Lambelet abgelehnt, so kam ab 1885 die alte Firma  E. Heuer & Cie. wieder zur Geltung.

Logos der Firmierungen "Heuer, Lambelet & Cie., Biel"
 

Edouard Heuer ist der erste Uhrmacher, der sich nach Henry A.Lugrin in New York an die Serienproduktion von Chronographen wagte. Bis 1880 befanden sich überwiegend und technisch bedingt die Schaltwerke unter dem Zifferblatt. Anfang 1882 reichte Heuer in Paris ein Patent für einen perfektionierten Chronographen-Mechanismus ein und am 1.Juli 1882 wurde ihm das Patent auf 15 Jahre erteilt. Heuer hatte mit dem Schaltrad-Mechanismus für die drei Funktionen „Starten - Stoppen – Nullstellen“ den Weg für den modernen Chronographen geebnet.

Dabei beginnt er gleichzeitig darüber nachzudenken, wie man Chronographen technisch einfacher und somit auch billiger herstellen könnte. Seine Aufmerksamkeit galt der Vereinfachung der bislang üblichen Kupplung für den Chronographen-Mechanismus, welcher aus etlichen Komponenten zusammengefügt war. Jedes einzelne Teil kostete bei der Herstellung, Feinbearbeitung und Montage viel Zeit und somit Geld. Bei seinen Überlegungen kam er auf ein einfaches, aber  wirkungsvolles Bauteil, den so genannten  Schwingtrieb.

Bild unten: der Schwingtrieb - Bild oben: der Trieb "T" zeigt die Position des Schwingtriebs in der Seitenansicht
 

Es handelt sich dabei um eine beweglich montierte Welle mit zwei Trieben. Der normale Trieb greift ständig in die Verzahnung des Sekundenrads ein - während der gegenüberliegende feingezahnte Trieb nach Betätigung des Start-Drückers und einem kurzen Schwenk in die Feinzahnung des Chronographen-Zentrumrades greift. Die Verbindung besteht, der Chronograph läuft. Ein weiterer Knopfdruck bewegt den Schwingtrieb wieder vom Zentrumsrad weg und der Chronograph hält an. Am 3.Mai 1887 erteilte das Pariser Bureau de la Propriete Industrielle das Patent für eine Konstruktion, die bis in die Gegenwart nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt hat. So stellt sie 1973 mit dem Automatik-Kaliber Valjoux 7750 das unabdingbare Bindeglied zwischen dem Zeit-Bewahrenden sowie dem Zeit-Stoppenden Element dar. Sowohl dieses Kaliber, als auch das Valjoux 7760 für Handaufzug sind noch heute die Basiswerke für Chronographen verschiedenster Hersteller.

Bereits am 6.Februar 1887 hatte das Kaiserliche Patent-Amt in Berlin der Firma Heuer auf eine weitere wichtige Erfindung ein Patent unter der Nr. 40 770 für das Deutsche Reich erteilt. Das Patent wird eingeleitet mit den Worten: Die vorliegende Erfindung besteht in einem neuen Mechanismus von Chronograph-Taschenuhren mit unabhängigen Secundenzeiger, Minutenzeiger und Nachläufer. Der Secundenzeiger und der Minutenzeiger werden durch einen speciell dafür vorgesehenen Drücker in Bewegung gesetzt, festgehalten und auf 0 zurückgestellt. Durch die Einwirkung eines zweiten Drückers wird bewerkstelligt, dass der Secundenzeiger einen zweiten Zeiger, den sogen. Nachläufer, mitnimmt oder an einer bestimmten Stelle des Zifferblattumfangs stehen lässt, was für sehr kurze Zeitmessungen wertvoll ist.

 

Schließlich wurden  Heuer für seine Neukonstruktionen am 14.Februar 1888 in den U.S.A. zwei  Patente erteilt. Diese Patente beinhalten die Konstruktion eines Minuten-Zählwerkes, sowie die Schwingtrieb-Konstruktion mit Nacheil- oder Schleppzeiger-Konstruktion.  Um die Kreativität Heuers als Konstrukteur zu unterstreichen muss noch auf eines der frühesten Schweizer Patente hingewiesen werden: Am 1.Dez. 1888 wurde Heuer vom Eidgenössischem Amt für geistiges Eigentum das Brevet No.9  für ein Nouveau Systéme Montre Grande Sonnerie Répétition  erteilt. 1888  nahm Heuer seinen Sohn Jules-Edouard (1864 –1911) in die Geschäftsleitung auf. Im Jahre 1889 wurde dann Eduard Heuer als Krönung seiner Arbeit auf der Weltausstellung Paris eine Silber-Medaille für seine hervorragenden Taschen-Chronographen zuerkannt.

 

2 Bilder oben: Chronograph mit Rattrapante (Drücker auf "7") - Bild unten: Brevet No.9 "Grande Sonnerie"

Nach dem frühen Tode von Edouard Heuer am 30.April 1892  hinterließ der Firmengründer seiner Familie ein Netto-Vermögen von 552.750,- Franken – nach heutigem Wert und Begriff war er also innerhalb von rund zehn Jahren vom Kleinunternehmer zum Multi-Millionär aufgestiegen. 1893 kam auch der Sohn Charles-Auguste (1871-1923) in die Unternehmensleitung  - beide Söhne waren nun die führenden Köpfe einer Firma, die inzwischen bedeutende Schweizer und ausländische Uhren-Betriebe mit ihren Chronographen-Werken belieferten. 1895 erwarben die Brüder von ihrem Werksleiter Emile Flotron das Patent für den Bau wasserdichter Gehäuse für Chronographen. Ab 1902 sind die beiden Brüder Allein-Inhaber des Unternehmens – in diesem Jahr wird ein Jahres-Umsatz von 150.000,- Schweizer Franken erreicht.

Während man 1907 noch allein mit den Lagersteinen einen Umsatz von 370.000,- Franken erzielte, brach dann jedoch dieses gute Geschäft innerhalb eines Jahres auf 83.000,- Franken  ein – es wurden jetzt nämlich nur noch die preiswerteren Kunststeine  verarbeitet. Nach dem Wegbrechen dieses Marktes baute die Firma ihren Export in die U.S.A. aus. Um Amerika zu erobern fand man in dem Juwelier Henry Freund in New York einen guten Geschäftspartner - unter der Marke  Rose Watch Co. wurden nun  Heuer-Uhren in Amerika verkauft.

Nach dem frühen Tod seines Bruders wurde Charles-August ab 1911 alleiniger Chef des Unternehmens – mit dem Manager A.Dur an seiner Seite wurde der Betrieb zur Kostensenkung rationalisiert, auch mussten neue, konkurrenzfähige Produkte auf den Markt gebracht werden.  Ab 1914 wurde der legendäre Mikrograph – eine neuartige Stoppuhr entwickelt, auf die die Firma Heuer vom Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum das Patent  773392/93  am  2.Oktober 1916 erhielt – im selben Jahr kam dann der Mikrograph und seine kleiner Bruder – der Semikrograph auf den Markt.

Auf der Basis eines Chronographen-Uhrwerkes  hatten die HEUER-Techniker eine Stoppuhr entwickelt, die für damalige Zeiten die unvorstellbare Messgenauigkeit von einer 1/1oostel Sekunde erreichte. Möglich wurde dies durch die Verwendung einer relativ kleinen Unruh (12 mm) und einer sehr kräftigen Spirale. Mit dieser Spirale erreicht die Unruh 360.000 Halbschwingungen pro Stunde - also 100 A/s, der Semikrograph war dagegen auf nur 180.000 Halbschwingungen ausgelegt, also zum Messen von 1/5ostel Sekunden. Damit das Uhrwerk nach den Messvorgängen nicht in kürzester Zeit ablief, wurde die Unruh über ein Hebelwerk gestoppt. Hierzu war der monometallische Unruhreif am Umfang mit einer feinen Verzahnung versehen, in die, bei dem Stoppvorgang der Stoppuhr zwei ­­­­­­­­­­­­­kleine Hebel mit  feinen Messern eingriff. Beim Startvorgang hob sich das 1.Messer nur ab, das 2.Messer vollführte dagegen eine kleine tangentiale Bewegung, um die Unruh zum Schwingen zu bringen.

 
Unruh vom "Mikrograph" (links) sowie des "Semikrograph" (rechts) - Bilder © Copyright Hans Weil
 

Beide Stoppuhren gab es nach den Abbildungen im Heuer-Katalog von 1916 auch in einer Ausführung mit Rattrapante, d. h. man konnte mittels eines 2.Zeigers, dem sogen. Schlepp-Zeiger - Zwischenmessungen vornehmen oder einen 2.Vorgang gleichzeitig messen. Diese Stoppuhren wurde neben militärischer Verwendung auch im Bereich der Technik und des Sports eingesetzt. Aufgrund dieser Leistungen wurde die Firma Heuer auch mit der Zeitmessung der kommenden Olympiade des Jahres 1920 betraut. Laut Katalog kosteten der Mikrograph 100,- – mit Schleppzeiger 150,- Schweizer Franken, der Semikrograph 90,- bzw. 140,- Schweizer Franken.

Diese Stoppuhren wurden vom Zeitpunkt ihrer Entwicklung 55 Jahre lang hergestellt – erst 1969 wurde die aufwändige Produktion eingestellt - die elektronischen Konkurrenten auf dem Gebiet der Kurzzeitmessung waren einfach zu preiswert geworden Die Entwicklung dieser Uhr ist zweifellos ein militärisch begründeter Bedarf – sie erfolgte ja auch mitten im 1.Weltkrieg ! Die Uhren wurden bei der Artillerie – insbesondere der Marine-Artillerie zum Messen von Schalllaufzeiten verwendet.  Hinter diesem harmlosen Wort verbirgt sich ganz einfach die Zeitdifferenz-Messung zwischen dem Aufblitzen des Mündungsfeuers der (feindlichen) See-Artillerie und das Erreichen des „Kanonen-Donners“ beim zeitmessenden Artillerie-Offizier.

Wie bei vielen technischen Geräten, hatten auch diese Stoppuhren das Schicksal, dass sie irgendwann zum alten Eisen gehörten und entsorgt – sprich weg geschmissen wurden. Heute findet man nur äußerst selten einen alten Mikrographen – von einem mit Schleppzeiger scheint es nicht einmal ein Photo zu geben. Semikrographen tauchen ab und zu mal im Handel und im Internet auf – oft mit militärischen Zahlencodes außen auf  dem Bodendeckel. Modelle der Nachkriegszeit findet man dagegen wesentlich häufiger, nun mit Valjoux-Werken ausgestattet, deshalb aber nicht weniger schön und faszinierend ! Diese Stoppuhren, die ja von einem kompletten Chronographen-Uhrwerk angetrieben werden und den ersten bzw. bedeutendsten Meilenstein auf dem Gebiet der tragbaren Kurzzeit-Messer darstellen, werden von den heutigen Sammlern leider unterschätzt und unterbewertet !

Ab hier wurde als inhaltliche Grundlage mit Ergänzungen das Kapitel TAG Heuer aus dem Buch Die Zeit der Uhren von Lucien F. Trueb verwendet:

Es folgten Stoppuhren-Sondermodelle für Ärzte, Artilleristen, Fabrikanten und sogar Fischer. Bald begann man auch mit der Fabrikation von Armband-Chronographen, die vorrangig der amerikanische Markt verlangte. Als gute Investition erwies sich dann der Kauf des Namens  Jules Jürgensen nebst Lagerbestand, nebst Museum und Archiv für 70.000,- Schweizer Franken -  Uhren mit diesem Namen waren  in den USA  äußerst beliebt. Ab 1922 wurde die amerikanische Marke The Rose Watch in Paul Valette umgewandelt – französisch war in den Roaring Twenties einfach angesagter.

 
Links: Jules Jürgensen-Anzeige  -  Rechts: PAUL VALETTE-Medaille
 

Wiederum zwei Brüder, Charles- Edouard (1896 -1974) und Hubert Heuer (1901-1978) teilten sich die Leitung des Unternehmens, als ihr Vater Charles-Auguste 1923 nach einer Operation starb. Sie waren in der Welt herumgekommen und verfügten über profunde Kenntnisse des Uhrengeschäfts. Dank der Ausweitung der Märkte in den USA, ab 1926 auch in der jungen UdSSR – hierhin lieferte man über Jahre eine große Zahl guter Taschen-Chronographen in verchromten Nickel-Gehäusen – und auch in Japan überlebte die Firma Heuer die Weltwirtschaftskrise relativ ungeschoren. Dazu trug das bereits gut etablierte Renommee der Firma im Bereich der Chronographen wesentlich bei.

Nach dem Schwarzen Freitag an der New Yorker Börse (24.10.1929) musste jedoch Heuer seine Zweitfirma Jules Jürgensen an den New Yorker Geschäftsmann Louis Aisenstein für 80.000,- Schweizer Franken verkaufen – drei Jahre später übernahm Aisenstein auch den Vertrieb von Heuer-Uhren in Amerika ! Über ein halbes Jahrhundert hatte Heuer Chronographen eigener Konstruktion hergestellt, in den 1930er Jahren begann man – wie auch bei anderen großen Marken – fertige Werke zu beziehen – Valjoux stellte ganz spezielle Heuer-Modelle nach deren alten Konstruktionen her.

 
Dieses Bild einer HEUER-Werbung aus den 1930ern sagt mehr als 1000 Worte: HEUER setzte Zeichen!
 
 

 

 

Bild oben: 1980 war HEUER bei den olympischen Spielen offizieller Ausstatter für Zeitmessgeräte

 

Bild links: Chronograph mit Rattrapante. Wert in Deutschland damals 525,- DM!!!

 

Heuers Stoppuhren profilierten sich an den Olympischen Spielen der Zwischenkriegszeit in Antwerpen, Paris und Amsterdam als offizielle Zeitmess-Instrumente. Dabei verwendete man natürlich die neuartigen Schnellschwinger Mikrograph und Semikrograph. Heuer chronometrierte ebenso einige der ersten Ski - und Autorennen und baute  auch Bord-Chronographen für Flugzeuge und Zeppeline. Auch während des 2.Weltkriegs ging die Entwicklung des Armband-Chronographen weiter, u.a. mit Armee-Modellen, doch der künftige zivile Markt wurde mit sportlichen Modellen korrekt vorausgesagt. Eisenhower, Spaatz und de Lattre gehörten zu den alliierten Generalen, die nach der deutschen Kapitulation Heuer-Chronographen trugen.

 
Es folgten Sonderausführungen für Piloten und Extremtaucher, und schließlich das sagenhafte Modell "Carrera". 1969 landete Heuer einen ganz großen Coup: erstmals gelang es, in Zusammenarbeit mit Büren und Dubois-Depraz einen Chronographen mit Automatik-Aufzugmechanismus zu verwirklichen. Der letzte Vertreter der Familie Heuer im Unternehmen war Jack William Heuer  (geb. 1932). Nach Abschluss seines Studiums als Elektroingenieur an der ETH arbeitete er zuerst an der Seite von Vater und Onkel, bis er 1970 die Leitung des Unternehmens übernahm.

 

Er war an den Verhandlungen mit der Firma Leonidas maßgebend beteiligt, die 1964 zur Fusion der beiden Unternehmen führten. Ein Jahr später stellte Heuer – Leonidas in Basel den Prototyp eines für die damalige Zeit sensationellen Sportzeitmessers vor, der Dank quarz­gesteuerter Elektronik die Hundertstelsekunde messen konnte. 1966 verfügte Heuer dann über einen Kurzzeit-Messer für eine Tausendstel-Sekunde. Sechs Jahre später war dieses Instrument von 5,5 kg auf 350 g geschrumpft und wurde als "Microsplit 800" taschentauglich.

An der rasanten Verdrängung der mechanischen Kaliber durch Quarzwerke war Heuer voll beteiligt. Dazu mussten riesige Investitionen getätigt werden, während gleichzeitig die Preise der Quarz-Uhren ins Bodenlose fielen. Trotz der mörderischen amerikanischen und fernöstlichen Konkurrenz gelang es Heuer, die Spitzenposition bei den elektronischen Chronographen beizubehalten. Das originellste Produkt war zweifellos der Chronosplit Manhattan GMT von 1976. Dieser Armband-Chronograph mit sechseckigem Gehäuse verfügte als Weltneuheit über Zeiger für die Tageszeitmessung und eine Flüssigkristallanzeige für die Stoppuhrenfunktionen. Ebenfalls 1976 wurde die elektronische Armband-Stoppuhr Microsplit vorgestellt, die keine mechanisch bewegten Teile mehr enthielt – genau 60 Jahre nach der legendären Stoppuhr mit Schleppzeiger Microsplit.

Das Unternehmen hielt sich bis 1982, als eine Kumulation von Rückschlägen zur totalen Abschreibung des Aktienkapitals zwang. Neues Kapital lieferten Nouvelle Lemania und Piaget; sie führten das Unternehmen drei Jahre und verkauften es  dann der saudischen TAG-Gruppe (Techniques d'Avant-Garde) – die neue Firma heißt TAG HEUER. Dies war eine folgerichtige Abrundung der TAG-Beteiligungen an Unternehmen im Bereich der Sportartikel, Luxuswaren und Immobilien. In dem definierten Marketing-Konzept der hochwertigen Sportuhr ist die Kontinuität mit den Ideen Edouard Heuers und seiner Nachkommen unverkennbar.                                                                                                                  

 

 

Noch ein paar Worte zum gegenwärtigen Stand der TAG Heuer –Technik.

 

Auf der Baseler Messe 2006 stellte man mit der Carrera Calibre 360  wieder eine mechanisches Wunderwerk der Kurzzeitmessung vor. Nach genau 90 Jahren kam erneut ein Heuer - Uhrwerk zum Messen von 1/1oostel Sekunden auf den Markt – diesmal aber nicht nur als Stoppuhr, sondern als kompletter Armband-Chronograph.

Die wörtliche Wiedergabe aus dem Verkaufskatalog sagt alles aus:

 

ZEHN MAL SCHNELLER ALS JEDES ANDERE MECHANISCHE UHRWERK

 

Das Calibre 360 entspricht einem lebendigen Organismus mit zwei Herzen: 2 Hemmungen, die eine Standard-Geschwindigkeit (28.800 Halbschwingungen pro Stunde) unter normalen Bedingungen ermöglichen, wie auch eine Beschleunigung auf Höchstgeschwindigkeit (360.000 Halbschwingungen pro Stunde) im Chronographen-Modus. Eine solche Präzision erfordert ein Uhrwerk aus über 230 Bauteilen, eine deutlich leichtere und verkleinerte Spiralfeder und Hemmung (um 26% kleinerer als bei einer herkömmlichen Schwungmasse) sowie nicht weniger als drei weltweit exklusive Patente:

 

- 1/1oostel-Sekundenzähler für einen mechanischen Armband-Chronographen.

- In beide Richtungen drehbarer Kronenaufzug. Die Krone bedient beide Werke: Im Uhrzeigersinn zieht sie den Chronographen mit Handaufzug auf; gegen den Uhrzeigersinn das automatische Uhrwerk.

- Datumsübertragung vom unteren Uhrwerkteil zum oberen Zifferblatt.

 

 
 

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