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© Copyright 2009 Hans Weil

 

 

 

Über die Firma Ch.H. Meylan bzw. deren Gründer Charles Henri Meylan weiß man recht wenig, obwohl  diese Familie zu einer der ältesten Uhrmacher-Dynastien gehört. Nicht nur, dass diese Familie bereits Ende des 17.Jahrhunderts im Vallée de Joux nachweisbar ist, sie ist auch mit allen bedeutenden Uhrmacher-Dynastien direkt verwandt ! So findet man in den Stammbäumen dieser Familie solch bekannte Namen wie Aubert, Audemars Depraz, Golay, Guignard, Le Coultre, Lugrin, Reymond, Piguet, Rochat und einige mehr. Vermutlich liegt der Ursprung der Familie in Le Lieu, wo bereits um 1670 ein Moise , 1683 ein Abraham und 1685 ein David Meylan erwähnt wird. Schließlich soll um 1740 ein Samuel Olivier Meylan aus Le Chenit sein Heimattal verlassen haben, um das Uhrmacherhandwerk zu erlernen. Zwei Jahre danach verließen auch Pierre Henri Golay aus Devriére-la-Cote und Abraham-Samuel Meylan aus L’Orient das Tal, um in Fleurier die hohe Kunst der Uhrmacherei zu erlernen.

 

Das Wappen von Brassus

Lac de Joux mit seinen Uhren-Dörfern

Wappen-Marke von C.H.Meylan

Irgendwann kehrten die jungen Uhrmacher in das Tal zurück und begannen Taschenuhren herzustellen –  sie gelten als Gründer der noch heute weltbekannten Manufakturen komplizierter Taschen- und Armbanduhren. Wenn man die Geschichte der einzelnen Häuser verfolgt, so taucht auch immer wieder der Name Meylan auf - bis zum heutigen Tage !

Zunächst findet man in den Stammbäumen dieser Zeit ganz passend den Uhrmacher Jean Charles Henri Meylan (ca. 1808-1875), jedoch hat der gesuchte Charles Henri Meylan noch 1910 ein Schweizer Patent erhalten. Interessant ist aber, das hier bereits eine Verbindung zur Familie Lugrin besteht: die Mutter von Jean Charles Henri ist nämlich Anne Susanne Lugrin. Schließlich findet man einen Charles Henri Meylan, der auch im Historischen Lexikon der Schweiz erwähnt wird. Meylan wurde am 21.April 1842 als Sohn des Charles Napoléon Meylan und dessen Frau Louise - geborene Bonard - in Le Sentier geboren. Nach der Primarschule wurde Meylan zum Uhrmacher ausgebildet und arbeitete als begabter Uhrenmacher ab 1864 bei Nicole & Capt in London. 1868 kehrte Meylan in sein Heimatland zurück und ließ sich zunächst in Genf nieder.

In den Büchern von Kathleen H.PRITCHARD "Swiss Timepiece Makers 1775-1975" wird angegeben, dass THE CH.H. MEYLAN WATCH CO. 1880 gegründet wurde – an anderer Stelle findet man auch 1878 und im HLS steht schließlich 1888 ! Es wird auch angegeben, dass Meylan einige Zeit – for some time - in New York lebte. Ganz offensichtlich müssen das ja mehrere Jahrzehnte gewesen sein, denn 1874 erhielt er sein erstes US-Patent mit dem Hinweis: wohnhaft in New York. Erst in einem US-Patent von 1889 steht, dass er sich neben New York auch zeitweise in Le Brassus aufhält.

Meylan wanderte tatsächlich schon 1871 in die U.S.A. aus und ließ sich in New York nieder. Ob Meylan neben der Einfuhr heimatlicher Uhren auch als selbstständiger Uhrmacher arbeitete, ist nicht bekannt. Ein weiterer Altersgenosse namens Henry Alfred Lugrin hatte sich schon einige Jahre vorher in New York niedergelassen. Wie man aus den Stammbäumen weiß, sind verschiedene Meylan-Familien mit Lugrin-Familien verzweigt – eine entfernte Verwandtschaft zwischen den beiden Uhrmachern wird also bestanden haben.

Ganz bemerkenswert ist nun, dass Meylan sein erstes Patent US-151899 bereits 1874 - zwei Jahre vor Lugrin - für einen richtigen Chronographen erhielt: eine hochwertige Konstruktion mit Schaltrad nach der Bauweise unter dem Zifferblatt. 1880 wurde ein Patent erteilt, wo das Chronographen-Werk auf der Werksseite montiert wurde. Dem folgte 1888 eine, zu dieser Konstruktion gehörende Rattrapante-Konstruktion – unter dem Zifferblatt! Hier erkennt man schon den genialen Konstrukteur, der schließlich zu einem der bedeutendsten Hersteller komplizierter Taschenuhren aufsteigen sollte. Man muss vermuten, dass Meylan doch als Uhrmacher arbeitete und auch eigene Uhrwerke – ohne und mit Chronograph – an US-Uhrenhändler verkaufte. Aus dieser Zeit findet man fast nur Meylan-Werke mit Händlernamen, die aber gelegentlich mit der Meylan-Marke gestempelt waren.

Nach den Chronographen-Konstruktionen folgte ein Patent mit der abgebildeten REPEATING WATCH. Neben den abgebildeten Patent-Skizzen gab es noch die US-Patente 202041 vom 02.04.1878 und 410327 vom 03.09.1889. Ob und wann Ch. H. Meylan auf Dauer in die Schweiz übersiedelte ist z.Zt. nicht bekannt. Aber auch hier reichte er noch ein Patent für einen neuen Aufzug CH-31609, erteilt am 02.08.1904 und ein Patent zur Anzeige der Gangreserve CH-54710, erteilt am 03.08.1910, ein.

So, wie auch Lugrin, arbeitete Meylan in späteren Jahren für die Waltham Watch Co. In Amerika findet man daher auch mehr Hinweise auf die Tätigkeit und den Erfolg von Meylan, als in der Schweiz. In den Berichten der NAWCC über die Waltham Watch Co. steht dann bei den komplizierten Taschenuhren der Hinweis: Groups VI and VII stand out because they present the beginning of Waltham’s collaboration with C.H.Meylan. Allthoug he manufactured his own line of watches under the name C.H.Meylan, Le Brassus, he lived and worked in New York .

An anderer Stelle findet man einen weiteren interessanten Hinweis: In the mid-1880’s Waltham began to manufacture 5-minute repeating watches. The construction of their earliest repeating mechanisms was based on the patents of Georges Aubert. Later on, the company introduced a second repeating mechanism based on the patents of Charles Meylan. Whenever a chronograph complication is combined with a repeater, watches employing Aubert’s repeating mechanism always have a Lugrin’s patent chronograph, while those with a Meylan repeating mechanism always use Meylan’s chronograph work as well.

Wenn man nun den Streifen-Schliff und die Perlierung der Werksplatinen betrachtet, so muss man annehmen, dass die Waltham-Rohwerke in der Schweiz bearbeitet und veredelt wurden. Allein aus diesen Hinweisen kann man ableiten, dass C.H. Meylan ein Schweizer Uhrenmacher in Amerika war, so wie auch Lugrin, Jacot, Saltzman, die aber alle in der Schweiz arbeiten ließen. Auf dem Gebiet der komplizierten Taschenuhren muss man C.H. Meylan in die Reihe der berühmtesten Schweizer Uhrmacher stellen. Neben den Chronographen ohne und mit Rattrapante – teils gepaart mit Min.-Repetition, gab es sogar Werke mit Perpetual-Kalendarium. Verfolgt man den Markt für komplizierte Taschenuhren, so muss man erkennen, dass Meylan-Uhren besonders auf dem US-amerikanischen Markt recht hohe Preise erzielen.

Erstaunlicherweise findet man – wenn überhaupt, überwiegend komplizierte Taschen- und Armband-Uhren von Meylan. Bemerkenswert ist auch, dass Meylan wohl nur selten Chronographen mit Minuten-Zählwerk herstellte ! Auch das „einfache“ Taschenuhrwerk war schon eine Klasse für sich – und stand den Werken berühmter Manufakturen in nichts nach: Das Modell SUPERIOR hatte nämlich 21 Jewels, oft in geschraubten Chatons und 7 Adjustments !

 

Vermutlich hat Meylan dann nach den ersten Erfolgen und mit Kapital in der Tasche um 1880 im heimatlichen Le Brassus seine Werkstatt bzw. Fabrik gegründet, um den kommenden Aufträgen gerecht zu werden. Sicher werden dabei auch die niedrigeren Löhne in der Schweiz eine Rolle gespielt haben. Der Kontakt zu seiner Heimat muss stets ein enger gewesen sein, denn seine Frau Marie Elise Clerc, die um 1880 den Sohn Max Meylan zur Welt bringt, wird er sicher in der Schweiz geheiratet haben. Sein Sohn Max Meylan heiratete dann im Jahre 1903 Marie Ida Aubert.

Über die Produktionsstärke der Fabrik The Ch.H. Meylan Watch Co. Brassus kann man nur soviel sagen, dass der Betrieb sich wohl zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt hatte. Jetzt wurden die meisten Uhrwerke auch mit der Firma signiert und offensichtlich begann man auch mit einer neuen Zählung: Diese Werke haben nämlich niedrigere Nummern, als die frühen Stücke ! Im Mittel werden anfangs nur einige hundert Werke hergestellt worden sein – später wohl 300 bis 400 pro Jahr. Neben den Werken für eigene Uhren wurden früher viele Werke an Großhändler und Exporteure verkauft. Neben den Großabnehmern Waltham, Mathey Bros. und Tiffany gehörten auch die Händler Birks, Blank, Newburger, Starr und Vanderslice zu den Kunden in Amerika – dazu gesellten sich unter anderen die Schweizer Jaccard und Leonville.

Auch eine Kooperation zu der bedeutenden Manufaktur Badollet  in Genf soll es gegeben haben, so existieren komplizierte Badollet-Taschenuhren mit Meylan-Werken. Werke eigener Uhren für die U.S.A. wurden meist mit der Firma signiert, während man die Werke für den europäischen Raum oft nur mit der Löwen-Marke versah.

Um 1900 wurden Taschenuhren mit Gehäusen aus Gold und Platin, auch mit Diamanten besetzte und Email-Verzierungen angeboten. An komplizierten Uhren wurden hergestellt: Einfacher Chronograph ohne und mit Zähler, auch mit Rattrapante. Ebenso gab es 5-Min. Repetitionsuhren, weitaus mehr aber Minuten-Repetierer – mit Chronograph – mit Rattrapante – mit Mondphase. Des weiteren gab es Perpetual-Kalendarium mit Mondphase und dazu auf Wunsch eine Minuten-Repetition mit Chronograph.

Natürlich wurden auch Taschenuhren mit Chronometer-Hemmung angeboten, auf die man sogar 1894 einen Preis erhielt: First Price Geneva Observatory Timing Competition -  passend dazu gab es damals auch eine  World-Time-Watch. Die folgenden Abbildungen zeigen die ältere und neuere Variante der gesuchten Kalender-Uhren – das Zifferblatt ist nahezu gleich geblieben.

 

Als weitere Glanzstücke der kleinen Manufaktur wurden auf Bestellung auch Minuten-Tourbillons hergestellt. Einer der bedeutendsten Exporteure dieser Zeit waren die Mathey Freres, zu denen Meylan schon seit Anfang der 1870er Jahre Kontakt hatte – siehe Patent von 1874. Das in der Anzeige links abgebildete Kaliber hat 10 Size, also annähernd 16’’’ und wurde als Armband-Chronograph mit Rattrapante angeboten !

US-Anzeige um 1895

CH-Anzeige um 1925

 

Im Jahre 1903 wurde das Unternehmen von Ch.H. Meylan in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Ch.H. Meylan starb am 13.Oktober 1916 im Alter von 74 Jahren in Le Brassus. Führte sein Sohn Max Meylan das Unternehmen weiter ?

Interessant ist auch, dass man – wohl solange der Firmengründer noch lebte – auf die Verarbeitung von Fremd-Werken verzichtete. Erst ab Ende der 1920er Jahre tauchen dann  Stoppuhren und Chronographen mit hochwertigen Lemania-Werken auf. Kam hier die entfernte Verwandtschaft zwischen Max Meylan und Marius Meylan zum Tragen? Marius Meylan wurde ja praktisch der Nachfolger von Alfred Lugrin, dem Gründer von Lemania. Marius Meylan war der Schwager des Letzteren – er hatte dessen Schwester Jane Lugrin geheiratet.

 

CH.H.Meylan - Chronograph im Stahlgehäuse unter Glas mit der Löwen-Marke
 

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