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Vor nun genau 150 Jahren ließen sich 1858 die Brüder Hippolyte Robert und Charles-Yvan Robert (Photo) in dem Örtchen Villeret nahe St. Imier als Ètablisseure nieder. In einem mehrstöckigen Fachwerkgebäude - noch heute die Betriebsstätte - wurde eine Uhren-Fabrik unter der Firma H. & C. Robert eingerichtet. – Bevor die Firmen-Entwicklung näher betrachtet wird, zunächst ein Sprung in die Gegenwart: Am 9.Oktober 2006 wurde von dem Schweizer Luxusartikel-Hersteller Compagnie Financiére Richemont S.A. der Presse mitgeteilt, dass in einer privaten Transaktion die Fabrique d’Horlogrie Minerva S.A. von der G.P.P. International S.A. – Luxembourg übernommen wurde. Vermutlich wurde die, bei den Sammlern beliebte Marke MINERVA so vor dem Untergang bewahrt. Es gibt eben auch Investoren, die nicht zerstören, sondern bewahren bzw. sogar aufbauend tätig sind. Die Minerva S.A. mit ihren 22 Mitarbeitern wurde der Montblanc Montre S.A. in Le Locle angegliedert (unter dem Dach der Richemont-Gruppe) – unter der Adresse bzw. Website von Montblanc findet man jetzt die Collection Villeret 1858. Somit dürfte die Richemont-Gruppe wohl der bedeutendste Hersteller von Haute Horlogere sein, unter diesem Dach befinden sich nämlich noch Baume & Mercier, Cartier, International Watch Co. (JWC), Jaeger-LeCoultre, Piaget, Vacheron & Constantin und last, but not least die Lange Uhren GmbH. |
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Im Jahr 1878 lösen die Söhne Charles und Georges Robert die Gründer-Generation ab und sieben Jahre später tritt auch Yvan Robert (Siehe Photo) in das Unternehmen ein. Dieses Trio gab dem Betrieb nun den neuen Namen Robert Freres Villeret. 1886 wurde die Uhrenmarke Mercure vorgestellt (1887 soll es bereits ein Modell Minerva gegeben haben !?). Wann die Firmen-Marke RFV mit einem Pfeil eingeführt wurde, scheint auch nicht eindeutig, in der Literatur findet man 1887, aber auch 1911. Auf den internationalen Ausstellungen in Anvers (1885) und Paris (1889) erhielt die Firma ihre ersten Medaillen. Im Jahre 1895 nahm man endlich auch die Eigenproduktion von Uhrwerken auf, es wurden die Uhren-Marken Ariane, Tropic und Hertha eingeführt. Zu der Zeit wurde von Robert Freres auch die Produktion von Nickel- und Silbergehäusen für Taschenuhren aufgenommen, die 1931 eingestellt wurde. Bisher wurde das 18’’’-Kaliber 1 mit Zylinderhemmung und das 18 bzw. 19’’’-Kaliber 2 mit Ankerhemmung produziert, dem ab 1903 das 19’’’-Kaliber 3 folgte, das schon eine höhere Qualität als die bisherigen Uhren aufwies. Endlich, im Jahre 1908 kam der 1. Chronograph mit der späteren Bezeichnung 19-9CH auf den Markt, dem 1911 der Compteur 19-14 folgte und Anfang der 1920er Jahre entstand die Stoppuhr mit Rattrapante 19-25 auf der Grundlage des 19-9CH ! |
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1923 wurde die Marke Minerva - nach der Schutzgöttin des Ackerbaus, der Handwerkskünste und der Wissenschaften - eingeführt und sechs Jahre später wurde aus der Marke auch der neue Name für die Firma Fabrique Minerva, Robert Freres S.A. gebildet. Mitte der 1920er Jahre kam der 1.Armbandchronograph mit dem feinen 12 ¾ ’’’-Kaliber 13-20CH auf den Markt. - Vermutlich infolge der Weltwirtschaftskrise trennt sich die Familie Robert 1934 von ihrem Betrieb, der von dem Mechaniker Charles Haussener aus Biel und dem Uhrentechniker Jacques Pelot aus Villeret übernommen wurde. - Minerva wurde erstaunlicher Weise offizieller Zeitnehmer auf der Winter-Olympiade 1936 in Garmisch-Partenkirchen – eigentlich eine Domäne von OMEGA. Die weitere wirtschaftliche, schon bald positive Entwicklung wurde sicher durch die politischen Vorgänge in Europa beeinflusst. |
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Jacques Pelot war ohne Zweifel der kreativere Teil der neuen Partnerschaft. Schon um 1930 hatte er neben anderen patentierten Erfindungen eine revolutionäre Idee: Anstatt der aufwändigen und oft leicht zerbrechlichen Flachfedern der Chronographen-Mechanismen, sollten nun feine Spiral-Federn eingesetzt werden. Sie waren einfach und preiswert herzustellen. Ihre Federkraft wurde berechnet und war unveränderlich, während die Flachfedern immer genau auf dem Werk justiert werden mussten und sich auch oft verbogen. Außerdem erfolgten die Schaltungen mit den Spiral-Federn sanfter und doch eindeutiger. Bei den Stoppuhren sieht man ja meist die Spiralen nicht, weil das Schaltwerk unter dem Zifferblatt liegt – deshalb hier die Stoppuhren-Kaliber von Minerva: |
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Die beginnende Aufrüstung in Europa bescherte Minerva, wie auch allen anderen "Ausrüstern" gute Geschäfte. Der Bedarf an Dienst- und Stopp-Uhren, an Flieger- und Bord-Uhren, so wie an Chronographen, auch spezielle Bombenabwurfs-Stoppuhren, stieg beständig – in dieser wirtschaftlichen Glanzzeit verdienten über 100 Mitarbeiter ihr Brot bei Minerva. Im Jahre 1940 trat der 27-jährige Ingenieur André Frey – ein Neffe von Jacques Pelot – in den Betrieb ein. |
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André Frey hatte nach dem Physik-Studium vier Jahre bei LIP in Besancon (Frankreich) als Uhren-Ingenieur gearbeitet, so das er für eine leitende Tätigkeit bei Minerva bestens geeignet war. Noch während des Krieges begann Frey ein neues Armbanduhren-Kaliber zu konstruieren. Wenn auch inzwischen die Uhrwerke alle maschinell gefertigt wurden, so war man doch bei den traditionellen Formen, sprich Werks-Design geblieben. Frey wagte sich an etwas ganz Neues, er konstruierte ein Kaliber, dessen Werksseite nach dem Goldenen Schnitt aufgeteilt war. Das Kaliber 48 mit kleiner Sekunde und das Kaliber 49 mit Zentral-Sekunde hat mit der damals futuristischen Form Uhrengeschichte geschrieben. Die faszinierende Schönheit hat die Zeit überdauert und so wurde das Kaliber 48 auch noch 60 Jahre nach seiner Geburt für die schönsten Minerva-Armbanduhren verwendet. |
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Nach dem 2.Weltkrieg konzentrierte man sich bei Minerva ab Ende der 1940er Jahre auf die Herstellung von Stoppuhren und Chronographen. 1949 entwickelte Frey für das Kaliber 19-53 den patentierten Kombi-Drücker (Monopusher): Starten und Nullstellen der Zeiger erfolgen hier durch einen einzigen Drücker.Der wirtschaftliche Aufschwung und die entstehende Wohlstandsgesellschaft führten noch einmal zum Erfolg der mechanischen Stoppuhren und Chronographen, letztere natürlich auch in Form von Armbanduhren. Nach den Katalogen wurden alle Bereiche von Sport und Technik abgedeckt und die Messgenauigkeit der Stoppuhren wurde bis zu 1/1oostel Sekunden gesteigert. Im Gegensatz zum Mikrograph von Heuer mit seinem 3-sekündlichen Umlauf, machte das Kaliber 19-42 von Minerva einen Umlauf pro Sekunde. Hier wurden neben der kleinen Unruh mit ihren 360.000 Halbschwingungen auch dünnere, also leichtere Laufwerksräder verwendet – zur Beherrschung von Trägheitsmoment und Fliehkraft. Dargestellt sind die Standard-Chronographen von 1949: |
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1955 gingen die Erbanteile des Betriebes von Jacques Pelot an André Frey und 1960 übernahm der bereits 50-jährige Maurice Favre die Anteile seines Schwiegervaters Charles Haussner - fast dreißig Jahre leiteten diese beiden Herren den Betrieb. Im Jahre 1989 übernahm dann André Frey mit seinem 36-jährigen Sohn Jean-Jacques Frey, der 1980 in den Betrieb eingetreten war, das Unternehmen ganz. Mit dem Niedergang der mechanischen Kurzzeitmessung und der inzwischen großen Konkurrenz auf dem Gebiet der edlen Armband-Chronographen sah sich die Familie Frey wohl gezwungen, das bisherige Familien-Unternehmen zu verkaufen. Im November 2000 wird die Firma an die italienische HOPA SpA verkauft, hinter dieser stand der damals 58-jährige Groß-Investor Emilio „Bentley“ Gnutti. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten in dem großen Haus in Villeret gerade noch 12 Uhrmacher. Unter dem von Gnutti eingesetzten Geschäftsführer Beppe Menaldo wurde eine moderne Roh-Fertigung für die überarbeiteten Kaliber der 1920er und 1930er Jahre aufgebaut. Unter der Leitung des Maître Horloger Demetrio Cabiddu werden die Teile dann in alter Tradition zu hochwertigen Uhrwerken verarbeitet. Innerhalb weniger Jahre stellte sich der Erfolg ein und die Belegschaft verdoppelte sich. 2006 wurde Minerva an die Richemont-Gruppe verkauft – die Produktion wurde davon nicht nachteilig beeinflusst. |
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Die Werke vor dem 1.Weltkrieg haben schon die Grundform des Standard-Chronographen von Minerva, hier ein Chronograph ohne Zähler, auch mit wenigen Steinen, vermutlich ein Werbegeschenk der Vergaser-Fabrik. Auf der Minutenrad-Brücke ist das Räderwerk montiert - auch die markante Kupplungsrad-Schwinge ist schon da. |
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Aus gleicher Zeit ein Chronograph mit Zählwerk – ganz typisch: die Spiralklötzchen-Nase am Unruh-Kloben |
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In den 1930er Jahren erreichen die Minerva-Chronographen eine gleichbleibend gehobene Qualität. Ob im Nickel-Gehäuse oder im brünierten Stahl-Gehäuse, mit klaren und jetzt signierten Zifferblättern und mit einem edlen Werk – immer vermitteln diese Chronographen eine schlichte Eleganz. |
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Natürlich werden nach wie vor auch nur die Chronographen-Werke an renommierte Hersteller verkauft, hier findet man wieder ein herrliches Minerva-Werk in einem Alpina-Chronographen. |
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